Rechte bei "außergewöhnlichen Umständen": Was Fluggäste wissen sollten

Flugverspätungen und -annullierungen können für Reisende nicht nur ärgerlich, sondern auch kostspielig sein. Gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung haben Betroffene in solchen Fällen jedoch Anspruch auf Ausgleichszahlungen. Es sei denn, die Airline kann sich auf "außergewöhnliche Umstände" berufen. In diesem Fall entfällt die Verpflichtung Ausgleichszahlungen zu leisten. Was genau diese Umstände ausmacht, wie Fluggäste sicherstellen können, dass ihre Rechte gewahrt werden und wie häufig sie in den Schlichtungsverfahren der apf aufscheinen, behandeln wir im folgendem Blogpost

Was macht einen "außergewöhnlichen Umstand" aus?

Die EU-Fluggastrechteverordnung definiert "außergewöhnliche Umstände" als Ereignisse wie politische Instabilität, widrige Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwartete Flugsicherheitsmängel und Streiks, die den Flugbetrieb beeinträchtigen. Entscheidend ist, dass die Airline alle zumutbaren Maßnahmen ergreift, um Verspätungen oder Annullierungen zu verhindern.

Welche Ereignisse gelten tatsächlich als "außergewöhnlicher Umstand"?

Obwohl einige Ereignisse in der Verordnung genannt sind, führt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner laufenden Rechtsprechung weitere Anwendungsfälle an. Vogelschlag, Beschädigung eines Flugzeugreifens durch Fremdkörper oder aggressive Fluggäste wurden bereits als "außergewöhnliche Umstände" anerkannt. Dabei ist entscheidend, dass die Airline alle zumutbaren Maßnahmen ergreift, um die Folgen zu minimieren.

Eine aktuelle Auswertung zu den außergewöhnlichen Umständen im Jahr 2023 zeigt, dass Wetterbedingen am häufigsten von Airlines als Grund für die Verweigerung einer Ausgleichszahlung angegeben werden. Hier sind die Prozentsätze der verschiedenen Ursachen laut neuester Daten der apf für das Jahr 2023. Die Auswertung beruht auf mehr als 420 Fällen, in denen sich Airlines in den Schlichtungsverfahren der apf auf außergewöhnliche Umstände berufen haben:

Auswertung über aussergewöhnliche Umstände für 2023

Diese Daten zeigen, dass Wetterbedingungen einen erheblichen Anteil an außergewöhnlichen Umständen ausmachen. In 38 Prozent der Fälle, in denen ein „a.U.“ behauptet wird, zeigen sich Wetterereignisse verantwortlich. Darunter fallen Extremwettereignisse, starker Wind, schlechte Sicht, Sandstürme, Schneestürme, vereiste Start-/ und Landebahn, etc.

Im Jahr 2023 sind Streiks ebenfalls ein bedeutender Faktor bei außergewöhnlichen Umständen. Mehr als ein Viertel der behaupteten „a.U.“s sind auf Streiks zurückzuführen. Relevant für die Leistung von Ausgleichszahlungen in Folge von Streiks ist die Frage, wer genau die Arbeit niederlegt. Handelt es sich beispielsweise um das Personal einer Airline, so muss dennoch eine Ausgleichszahlung geleistet werden. Streikt hingegen das Flughafen-Personal, wie etwa die Fluglots:innen, Ground-Handling, Sicherheitspersonal etc, so ist davon auszugehen, dass Fluglinien keine Ausgleichszahlungen leisten müssen. Konkret werden diese Fälle aber im Einzelfall durch Nachweise der Airline entschieden.

In je sieben Prozent der Fälle zeigten sich „Vogelschlag“ und ATC-Wetter für behauptete außergewöhnliche Umstände verantwortlich. Bei „Vogelschlag“ handelt es sich um die Beschädigung an Flugzeugen bzw. Triebwerken im Zuge von Kollisionen mit Vögeln. Die Schäden durch solche Kollisionen können erheblich sein und ein Sicherheitsrisiko für die Beförderung darstellen. Unter dem außergewöhnlichen Umstand „ATC Wetter“ werden wetterbedingte Umleitungen, Start- bzw. Landeverbote subsummiert, die der „Air Control Tower“, also die Flugverkehrskontrolle des jeweiligen Flughafens, erlässt. Airlines müssen aus Gründen der Flugsicherheit die Anweisungen des jeweiligen „Towers“ befolgen. Der Nachweis eines solchen außergewöhnlichen Umstandes erfolgt in der Regel über Protokolle der Kommunikation zwischen Flugzeug und Air Control Tower.

Dahinter folgen medizinische Notfälle (drei Prozent), Personalmängel am Flughafen bzw. beim Bordpersonal (zwei Prozent), allgemeine Anweisungen des „Towers“ (Zwei Prozent), Feuer/Brände auf Flughäfen (zwei Prozent) und politische Instabilität, wie etwa der Ukraine-Krieg (zwei Prozent).

acht Prozent der behaupteten außergewöhnlichen Umstände sind jedoch auf „Sonstiges“ zurückzuführen. Darunter subsummieren sich Szenarien, wie Beschädigungen am Flugzeug, Radar- bzw. IT-Ausfälle, Protestaktionen, randalierende Fluggäste, etc.

Dies unterstreicht die Vielfalt der Herausforderungen, mit denen Fluggesellschaften und Reisende konfrontiert sind und die zu Verspätungen oder Annullierungen führen können.

Zumutbarkeit und Nachweispflicht für Fluglinien

Für betroffene Passagiere ist es entscheidend, sich bewusst zu sein, dass die Ursache für Flugprobleme variieren kann. Unabhängig von der Ursache ist es jedoch wichtig zu überprüfen, ob die Fluggesellschaft alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Auswirkungen auf die Reisenden zu minimieren.

Bei Uneinigkeiten und wenn eine Ausgleichszahlung gerechtfertigt ist, bleibt der Weg zur Schlichtungsstelle der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf) die beste Option, um die eigenen Rechte durchzusetzen.

Wie erfahren betroffene Fluggäste, ob es sich um einen "außergewöhnlichen Umstand" handelt?

Die Fluglinie muss nachweisen, dass tatsächlich ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt, die Annullierung oder Verspätung darauf zurückzuführen ist und alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden. Es reicht nicht aus, wenn die Airline lediglich behauptet, dass ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt. Der Nachweis ist der apf im Laufe des Schlichtungsverfahrens vorzulegen.

Wenn die Airline einen außergewöhnlichen Umstand nachweisen kann, entfällt die Ausgleichszahlungspflicht. Dennoch haben Betroffene Anspruch auf Unterstützungs- und Betreuungsleistungen, einschließlich Ticketkostenrückerstattung, anderweitiger Beförderung zum Reiseziel, Verpflegung und Hotelunterbringung. Die apf empfiehlt betroffenen Passagieren, keine Ausgaben eigenständig zu tätigen, bevor nicht mit der Airline Kontakt aufgenommen wurde und die Belege in Originalform aufzubewahren.

Die EU-Fluggastrechteverordnung bietet klare Leitlinien, um sicherzustellen, dass Passagiere bei außergewöhnlichen Umständen angemessen entschädigt werden – die apf hilft dabei kosten- und provisionsfrei.

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