Flug: Anspruch auf Ausgleichsleistung im Fall einer Unregelmäßigkeit bei einem Alternativflug

Leider gibt es immer wieder Fälle, bei denen Passagiere doppelt von Flugunregelmäßigkeiten betroffen sind, das heißt beispielsweise, ihr ursprünglicher Flug war annulliert und der Alternativflug unterlag ebenfalls einer Streichung. Uneinigkeit herrscht darüber, ob Passagieren im Fall von Unregelmäßigkeiten bei Alternativbeförderungen erneut ein Recht auf Ausgleichszahlung erwächst. In unserem heutigen Blog-Beitrag informieren wir darüber, welche Rechtsansicht die apf hier vertritt.

Flugunternehmen verneinen den Anspruch und argumentieren hier etwa damit, dass sich Art 5 Abs 1 Fluggastrechteverordnung nur auf den originär gebuchten Flug beziehen würde, denn Sinn und Zweck sei lediglich eine Sanktionierung der Fluggesellschaften in Bezug auf die Nichteinhaltung der originären Leistungspflicht. Des Weiteren vertreten Airlines die Ansicht, dass im Fall eines Ausfalls ausschließlich die anderweitige Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt geschuldet sei. Wenn diese geplante Ersatzbeförderung dann doch nicht erfolgt (da auch annulliert) bzw. verspätet ist, dürfe dies nicht sanktioniert werden. Demgemäß lehnen Flugunternehmen zumeist eine Leistung der Ausgleichszahlung für Alternativflüge ab, insbesondere in Fällen der möglichen Doppel-Kompensierung.

Die apf teilt diese Rechtsansicht nicht. In der Fluggastrechteverordnung lassen sich aus Sicht der apf keine Anhaltspunkte finden, dass eine Ausgleichszahlung nur bei originär gebuchten Flügen zuzusprechen sei. Sinn und Zweck der Fluggastrechteverordnung ist es, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen. Sie soll Passagierrechte stärken, weshalb es unzureichend wäre, eine Auslegung zu vertreten, die Flugunternehmen das Recht geben würde, Passagieren, die bereits eine Unregelmäßigkeit erdulden mussten, ohne weitreichende Gründe (etwa durch außergewöhnliche Umstände) eine weitere Verspätung oder Annullierung ihres Ersatzfluges aufzubürden.

Das Amtsgericht Frankfurt am Main sieht beispielsweise bei Unregelmäßigkeiten auf Alternativflügen ebenfalls einen neuen Anspruch gemäß Fluggastrechteverordnung und spricht Passagieren sogar eine doppelte Ausgleichszahlung zu, falls die Fluglinie beide Annullierungen (originärer Flug sowie Ersatzflug) zu verantworten hat. Als Anspruchsgrundlage sieht das Gericht lediglich vor, dass

Passagiere über eine bestätigte Buchung für den jeweils betroffenen Flug verfügen müssen. Das Gericht hält fest, dass „… durch den Anspruch auf Ausgleichsleistung unter anderem gerade die Unannehmlichkeiten des Passagiers ausgeglichen werden sollen, welche dieser in Folge [sic!] der Annullierung eines Fluges erleidet (siehe Erwägungsgrund Ziffer 2 der Fluggastrechte-VO). Entsprechende oder zumindest vergleichbare Unannehmlichkeiten treten bei der Annullierung von Alternativflügen ebenso auf …“ (siehe: AG Frankfurt am Main 16.5.2013, 31 C 3349/12 (78)).

Wird ein dem Fluggast angebotener und bestätigter Alternativflug annulliert, so hat der Reisende daher einen weiteren Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Fluggastrechteverordnung. Nichts anderes kann demzufolge gelten, wenn der erste Flug aufgrund außergewöhnlicher Umstände annulliert wird, der zweite jedoch durch von der Fluglinie zu vertretende Gründe.

Diese Rechtsansicht wird auch von der Europäischen Kommission gestützt. Sie hält in den Leitlinien für die Auslegung der Fluggastrechteverordnung unter Punkt 4.2. „Anspruch auf Erstattung, anderweitige Beförderung oder Umbuchung bei Nichtbeförderung oder Annullierung“ wie folgt fest:

… Ein neuer Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 gilt für den anderweitigen, gemäß Artikel 8 Buchstabe 1 Buchstabe b oder c akzeptierten Flug, sollte dieser ebenfalls annulliert werden oder verspätet ankommen (siehe Abschnitt 4.4.11). Die Kommission empfiehlt, den Fluggästen ihre Wahlmöglichkeit verständlich darzulegen, wenn Unterstützungsleistungen zu erbringen sind …“ (siehe: Leitlinien zur VO (EG) 261/2004 ABl C 2016/214, 5).

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