Europäisches Mahnverfahren

Die apf vermittelt in ihren Schlichtungsverfahren im Rahmen der außergerichtlichen Streitbeilegung zwischen Fahr- und Fluggästen und Personenbeförderungsunternehmen in den Bereichen Eisenbahn, Flug, Fernbus und Schiff. Die überwältigende Mehrheit dieser Verfahren wird entweder „positiv“ abgeschlossen oder „materiell eingestellt“. Ein positiver Abschluss liegt dann vor, wenn sich der Fahr- bzw. Fluggast und das jeweilige Beförderungsunternehmen auf die gesetzeskonforme Erbringung von Leistungen einigen können. Darunter fallen beispielsweise Ausgleichszahlungen, Erstattungen, Straferlässe, etc. In einem materiell eingestellten Verfahren wurde vom Unternehmen nachgewiesen, dass keine Leistungen zu erbringen sind. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn im Flugbereich ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt, der außerhalb des Einflussbereichs einer Fluglinie liegt, etwa ungewöhnliche Wetterereignisse.

Ein geringer Prozentsatz an Schlichtungsverfahren wird jedoch ohne Einigung beendet. Entweder weil die Reisenden die angebotenen Ausgleichsleistungen ablehnen, oder weil das jeweilige Unternehmen eine andere Rechtsauffassung verfolgt. In letzteren Fällen erstattet die apf in der Regel Anzeige bei den jeweils zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden. Dies führt gegebenenfalls zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens und, im Falle einer Verurteilung, zu einer Geldstrafe für das jeweilige Unternehmen.

Zivilrechtliche Ansprüche müssen von den Reisenden/Betroffenen hingegen auf dem ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht werden. Dabei spielt das europäische Mahnverfahren eine entscheidende Rolle.

Das Europäische Mahnverfahren

In der Europäischen Union (mit Ausnahme Dänemarks) stehen zwei Verfahrensarten für die Bearbeitung grenzüberschreitender Forderungen zur Verfügung: das Europäische Mahnverfahren, das per Verordnung seit dem 12. Dezember 2008 in Kraft ist, und das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, das seit dem 1. Januar 2009 gilt. Diese Verfahren sollen es einfacher, kostengünstiger und schneller machen, grenzüberschreitende Streitigkeiten vor Gericht zu klären. Sie sind anwendbar, wenn das zuständige Gericht und mindestens eine der beteiligten Parteien in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der EU ansässig sind. Dies ist besonders für die Durchsetzung von Fluggastrechten von Bedeutung.

Die Vertretung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt ist weder im Europäischen Mahnverfahren noch im Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen zwingend erforderlich.

Zuständigkeiten in Österreich

Das Europäische Mahnverfahren, das durch die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 geregelt ist, wird angewendet, wenn es um eine fällige Geldforderung geht, die aus einem Vertragsverhältnis (z. B. Beförderungsvertrag) resultiert und voraussichtlich vom Schuldner nicht bestritten wird.

In Österreich wird der Antrag beim Bezirksgericht für Handelssachen (BGHS) in Wien als Zentralgericht bearbeitet. Die Klage einbringen kann man hingegen an Amtstagen beim zuständigen Bezirksgericht (am Wohnsitz).

Das BGHS akzeptiert nur Anträge in deutscher Sprache. Die Antragstellerin oder der Antragsteller kann mithilfe des Formblatts A einen Europäischen Zahlungsbefehl beantragen.

Die Kosten für diesen Antrag richten sich nach dem Streitwert, also dem geforderten Betrag, und betragen beim BGHS mindestens € 23,-. Eine genaue Gebührenaufstellung findet sich im Gerichtsgebührengesetz (GGG).

Das Formblatt A sollte per Einschreiben an das zuständige Gericht gesendet werden. Es ist nicht erforderlich, Beweismittel beizufügen. Das Gericht prüft den Antrag und fordert gegebenenfalls Ergänzungen oder Korrekturen an. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, erlässt das Gericht einen Zahlungsbefehl. Der Schuldner kann innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung des Zahlungsbefehls Einspruch erheben.

Ablauf eines europäischen Mahnverfahrens

Ein Einspruch führt entweder dazu, dass das Verfahren in einem regulären Zivilprozess fortgesetzt wird oder dass das Mahnverfahren eingestellt und die Angelegenheit abgeschlossen wird. Letzteres gilt, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies vorab beantragt hat, um das Kostenrisiko eines regulären Zivilprozesses zu vermeiden.

Wird kein fristgerechter Einspruch erhoben, erklärt das Gericht den Europäischen Zahlungsbefehl für vollstreckbar und stellt ihn der Antragstellerin oder dem Antragsteller zu. Diese können den Zahlungsbefehl dann den zuständigen Vollstreckungsbehörden im Ausland vorlegen.

Einen genauen Leitfaden zur Anwendung des europäischen Mahnverfahrens finden Sie unter: https://e-justice.europa.eu/fileDownload.do?id=e543b011-5db2-4bae-af2d-13271336d8a6

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